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„EINSAME NACHT“:
CHARLOTTE LINK IM INTERVIEW ZU IHREM NEUEN ROMAN

„Einsame Nacht“, der neue Kriminalroman von Charlotte Link, verspricht Nervenkitzel pur. Wir haben die Bestsellerautorin zum exklusiven Interview getroffen und mit ihr über die Beziehung zu ihrer Protagonistin, aktuelle Projekte und vieles mehr gesprochen.

KATE LINVILLE ERMITTELT WIEDER

In Ihrem neuen Buch „Einsame Nacht“, dem vierten Band der Kate-Linville-Reihe, steht die Ermittlerin vor einem besonders undurchsichtigen Mordfall. Worauf dürfen sich die Leserinnen und Leser freuen?

Stellen Sie sich vor, Sie fahren an einem späten, dunklen Winterabend über eine Landstraße in einer völlig verlassenen Gegend. Vor Ihnen ein einziges weiteres Fahrzeug, darin eine Frau am Steuer. Plötzlich steht ein Mann mitten auf der Straße. Der Frau vor Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als zu bremsen. Blitzschnell steigt der Mann zu ihr ins Auto, die beiden fahren weiter. Das Ganze hat den Anschein eines Überfalls. Kurz darauf sehen Sie das Auto in einer einsamen Parkbucht stehen. Sie haben ein sehr ungutes Gefühl, fahren trotzdem weiter nach Hause. Zwei Tage später erfahren Sie von einem furchtbaren Verbrechen. Und von da an fragen Sie sich, ob Sie es hätten verhindern können …

Nichts für schwache Nerven, wir haben jetzt schon Gänsehaut. Die Spuren des neuen Falles führen Ermittlerin Kate Linville in die Vergangenheit, zu einem sogenannten Cold Case. Verbrechen, die über Jahrzehnte ungeklärt bleiben, üben eine Art schauerliche Faszination auf viele Menschen aus – wie empfinden Sie das?

Ich würde den Begriff „schauerliche Faszination“ für mich nicht wählen. Ich finde, es handelt sich um eine entsetzliche Situation für die Opfer und/oder ihre Angehörigen. Ich spreche das auch im Buch mehrfach an, wie wichtig es ist, dass ein Verbrechen aufgeklärt wird. Um irgendwann abschließen und wieder ein wenig Frieden finden zu können.

2015 hat Kate Linville in „Die Betrogene“ ihren ersten rätselhaften Kriminalfall lösen müssen. Wie hat sich Ihr Verhältnis zu Ihrer Protagonistin im Laufe der vergangenen sieben Jahre entwickelt?

Ich mag Kate nicht nur immer mehr, ich verstehe sie auch immer besser. Manches haben wir sogar gemeinsam, in vielen Punkten sind wir aber doch sehr unterschiedlich. Zum Beispiel mochte ich die Schroffheit nie, mit der sie manchmal ihre Unsicherheit tarnt. Aber so ist Kate nun mal – es ist ihre Art, mit ihren Problemen klarzukommen. Ich betrachte das inzwischen liebevoll.

Ob mystische Hochmoore oder unberührte Flusstäler – in Ihren Krimis finden Sie immer wieder neue, passende Schauplätze. Wie entwickeln Sie die Ideen dazu?

Eigentlich steht am Anfang gar nicht der Schauplatz, obwohl er in der Kate-Linville-Reihe mit der nordenglischen Stadt Scarborough natürlich gesetzt ist. Aber zunächst beschreibe ich immer Menschen oder zwischenmenschliche Konstellationen, die nicht einmal etwas mit einem Verbrechen zu tun haben müssen. Häufig geht es um Menschen in konfliktträchtigen Situationen oder in einer Lebenskrise, manchmal aber um eine banale Alltagssituation, in die dann plötzlich der Schrecken bricht – in Gestalt eines Verbrechens oder auch einfach nur in der einer sich anbahnenden Lebensveränderung. Die Schauplätze ergeben sich dann aus der Handlung.

Sie gehören zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Autorinnen der Gegenwart und Ihre Bücher haben Bestseller-Garantie. Verspüren Sie dadurch manchmal auch einen gewissen Druck, wenn Sie ein neues Buch anfangen zu schreiben?

Ja, es ist schon etwas Druck dabei. Die Messlatte durch den Erfolg der vorherigen Bücher hängt inzwischen recht hoch und ich spüre die zunehmende Erwartungshaltung um mich herum. Beim Schreiben selbst gelingt es mir jedoch, mich davon zu befreien, also nicht ständig darüber nachzudenken. Da bin ich dann ganz bei der Geschichte und den Figuren und blende alles andere aus.

Schriftstellerinnen oder Schriftsteller beschreiben ihre Arbeit häufig als Berufung. Können Sie sich vorstellen, Stift und Papier irgendwann ruhen zu lassen?

Da auch das Schreiben wie jeder Beruf ab und an mal stresst und nervt und manchmal einfach nur sehr anstrengend ist, habe ich schon öfter überlegt, Stift und Papier beiseitezulegen und etwas anderes zu machen. Aber nach einer gewissen Zeit wurde das Bedürfnis wieder zu schreiben immer riesengroß. Insofern ist das wohl wirklich eine Berufung.

Wir haben über zwei Jahre Pandemie hinter uns und die Klimakrise ist aktueller denn je. Beeinflusst Sie das aktuelle Weltgeschehen beim Schreiben?

Meine Protagonistinnen und Protagonisten sind immer eingebettet in das aktuelle Geschehen, ohne dass ich die Tagespolitik an sich zum Thema mache. Am Ende von „Einsame Nacht“ steht die Pandemie drohend am Horizont, wird aber – so wie das damals auch war – überall in der Welt noch völlig unterschätzt. Ich thematisiere in diesem Buch – wie der Titel schon andeutet – das Thema Einsamkeit. Eine Gesellschaft, die in zunehmendem Maße aus Singles besteht, die diesen Status aber nicht immer freiwillig innehaben. Für die Betreiber von Datingportalen ist es ein profitables Geschäft – für die Nutzer die Konfrontation mit einem übervollen Markt, der zu unermüdlicher Suche verführt und nicht zum ohnehin mühsamen Beziehungsaufbau. Meiner Ansicht nach ein sehr aktuelles und gesellschaftlich relevantes Thema.

Sie engagieren sich seit Jahren ehrenamtlich und im Tierschutz. Gibt es etwas, was Sie gern noch erreichen möchten?

Ich engagiere mich sowohl für PETA als auch für andere Tierschutzorganisationen, wie beispielsweise Animals Asia oder Pro Animale. Was möchte ich erreichen? Das Schönste wäre, wenn es eines Tages keine Schlachthöfe mehr gäbe, keine Massentierhaltung und keine Schlachttiertransporte, in denen Tiere halb tot vor Hunger und Durst quer durch Europa gekarrt und dann irgendwo niedergemetzelt werden. „Solange es Schlachthöfe gibt, wird es auch Schlachtfelder geben“ – ich bin zutiefst von der Richtigkeit dieser Worte des großen Schriftstellers Leo Tolstoi überzeugt.

Wir versprechen, das bleibt unter uns: Dürfen Sie schon verraten, worum es in Ihrem nächsten Buch gehen wird?

Da stehe ich noch ganz am Anfang, aber ich kann zumindest sagen: es wird wieder ein Kate-Linville-Fall sein.

„Einsame Nacht” ist ab jetzt in Ihrer ADLER Filiale oder online auf BUCHADLER.DE erhältlich.